Die Waffen nieder!

Rede von Wolfgang Lemb, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied IG Metall zum Antikriegstag auf dem Friedhof Jammertal am 01.09.2014 in Salzgitter-Lebenstedt [pdf]

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr verehrte Anwesende/Vertreter der Stadt Salzgitter,
liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

vielen Dank für die Einladung, hier in diesem bedeutsamen Jahr an diesem bedeutsamen Ort zu sprechen.
Schon der „Eiserne Kanzler“ und Sozialistenfresser, Fürst Otto von Bismarck, hat gesagt: „Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.”
Er musste es wohl wissen.
Der Volksmund weiß auch: „Das Erste, was im Krieg stirbt, ist die Wahrheit!“

Mit dem Überfall auf Polen hat Nazideutschland heute vor 75 Jahren den Zweiten Weltkrieg begonnen. Am Anfang stand die Lüge eines polnischen Überfalls auf den Sender Gleiwitz.
Dieser Krieg hat unermessliches Leid über die Welt gebracht.

60 Millionen Tote waren die Folge der menschenverachtenden Politik der Nazis. Diese ungeheure Zahl übersteigt das Vorstellungsvermögen der meisten Menschen. Und je weniger Zeitzeugen es noch gibt, desto größer ist die Gefahr, dass das Grauen dieses Krieges nur noch als abstrakter Superlativ in den Köpfen der Menschen präsent ist.

Umso wichtiger ist es, die Erinnerung, welches menschliche Leid Krieg verursacht, an
zeitgeschichtlichen Orten wie diesem wach zu halten.
Erinnerung und Gedenken sind aktive Prävention gegen das Wiederaufleben menschenverachtender Ideologien oder auch dem gleichgültigen Wegschauen.
Wir stehen hier auf einem der vielen Friedhöfe aus jener Zeit, auf denen Millionen von Toten begraben sind.

Auf diesem Friedhof gedenken wir besonders der Menschen, die die Faschisten durch Internierung in Konzentrationslagern und durch Zwangsarbeit in der Rüstungsproduktion ermordet haben.

Fast 3.000 von ihnen sind hier begraben. Sie mahnen uns, den Schwur der Überlebenden des KZ-Buchenwald nicht zu vergessen:
Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Sie mahnen uns, immer und überall den Anfängen zu wehren. Sie verpflichten uns, in unseren alltäglichen Begegnungen genauso wie in der politischen Auseinandersetzung, rassistischem, fremdenfeindlichem und militaristischem Gerede und Handeln und der Diskriminierung von Menschen entgegenzutreten.

„Nie wieder Faschismus!“ muss als Lehre aus unserer Vergangenheit in unserer Gesellschaft fest verankert sein. Nazis dürfen keinen Platz in unserem Land haben – weder alte noch neue. Es ist unerträglich, dass die NPD staatliche Mittel der Wahlkampfkostenerstattung bekommt und deutsche Polizisten gezwungen sind, ihre Aufmärsche und Versammlungen zu schützen.

Es ist unerträglich, dass sowohl die braunen Biedermänner als auch die Rechtsterroristen des NSU offenbar unter der Aufsicht und Mitwirkung von V-Leuten des sogenannten Verfassungsschutzes jahrelang ihr Unwesen treiben konnten.

Die IG Metall und der DGB fordern deshalb schon lange ein Verbot der NPD! Es wird hoffentlich nun nicht mehr daran scheitern, dass von Steuergeldern bezahlte Spitzel in dieser Partei vor der Enttarnung geschützt werden müssen.

Natürlich wissen wir: Ein Verbot allein sorgt noch nicht dafür, dass auch diese menschenverachtende Ideologie aus der Welt geschafft ist.
Aber es wäre ein Anfang und ein deutliches Zeichen auch in die Gesellschaft hinein, damit Wahlerfolge sich nicht mehr wiederholen, wie sie die NPD insbesondere im Osten Deutschlands erzielt hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Anwesende,
„Nie wieder Krieg!“, das ist die zweite zentrale Botschaft des Antikriegstages. In Deutschland sind wir nach der Befreiung vom Faschismus vom Krieg verschont geblieben.

Aber das gilt noch nicht einmal für ganz Europa und schon gar nicht für viele andere Länder der Welt. Unsere Hoffnungen auf eine friedlichere Welt ohne Kriege haben sich leider nicht erfüllt.

In diesem Jahr gedenken wir auch der Millionen Toten, Verstümmelten und Versehrten des ersten Weltkrieges. 100 Jahre ist es her, dass das kaiserliche Deutschland in einem großen „Waffengang“ nach der Weltherrschaft griff. Europa wurde zum blutigen Schlachtfeld.

In Deutschland und vielen anderen Ländern siegte im Ergebnis jedoch die Revolution. Der Krieg gebar die Demokratie. Aber auch ihre ärgsten Feinde, die schon im Bürgerkrieg gegen die Arbeiter- und Soldatenräte Revanche übten und das nächste große Schlachten vorbereiteten.

Auch dieser Krieg begann und endete mit einer Lüge: Weder war die Kriegsbegeisterung so groß, wie es uns heute noch die historischen Fotos weismachen wollen, noch waren es die „vaterlandslosen Gesellen“, die einen „Dolchstoß“ gegen die „kämpfende Truppe“ geführt hätten, weshalb der Krieg verloren ging.

Wahr ist jedoch, dass es eine Minderheit war in der organisierten Arbeiterbewegung, in den Gewerkschaften, die – je länger der Krieg dauerte -, umso entschiedener und am Ende erfolgreich gegen ihn und gegen die Obrigkeit aufbegehrte. Die Streiks in der Rüstungsindustrie des Kriegsjahres 1917 sind nur ein Beispiel dafür.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
„Die Waffen nieder!“ – Noch nie ist die historische Losung Bertha von Suttners so berechtigt gewesen wie in diesen Tagen und Wochen. Jenseits der religiösen Konfliktlinien trägt auch der Westen in vielen Fällen Schuld an der Gewalteskalation.
Allein die Barbarei, die weite Teile Syriens und des Iraks mit dem täglichen Terror vom „Islamischen Staat“ beherrscht, ist eine direkte Folge der Verwüstung und Zerschlagung staatlicher und gesellschaftlicher Strukturen durch den Angriffskrieg der US-Regierung im vergangenen Jahrzehnt – auf Grund deren ungebrochener Gier nach Öl.

„Die Waffen nieder!“ – Dieser Aufruf Bertha von Suttners am Vorabend des 1. Weltkriegs hat rund 100 Jahre später wieder traurige und aufrüttelnde Aktualität erlangt. Sowohl in der Ukraine als auch in Israel und dem Gaza-Streifen spitzen sich die militärischen Konflikte zu, jeden Tag sterben Hunderte Menschen.
In der Ukraine zeigt sich, dass eine einseitige Strategie des Westens, die Ukraine wirtschaftlich und politisch von Russland abzukoppeln und dabei die legitimen Sicherheitsinteressen des östlichen Nachbarn in Frage zu stellen, äußerst riskant und folgenreich für die Menschen in der Ukraine, aber auch für die Europäische Union selbst ist.

Der Wirtschaftskrieg, den wir jetzt gegen Russland führen, kommt wie ein Bumerang zurück und drosselt mit den sinkenden Exportmöglichkeiten unsere Konjunktur. Und auch eine erfolgreiche Integration der Ukraine in den westlichen Staatenbund zieht schwere soziale Verwerfungen dort nach sich, auf die die Menschen schon jetzt reagieren, indem sie teilweise offen faschistische und anti-semitische politische Parteien und Bewegungen unterstützen.

Sowohl in der Ukraine als auch im Gaza-Streifen setzen die maßgeblichen Kräfte zur Durchsetzung ihrer Interessen ausschließlich auf Gewalt. In beiden Krisengebieten trägt der Westen – USA, EU und Deutschland – eine große Verantwortung für ein Ende der Gewaltspirale.

Mit einer weiteren Eskalation droht der Untergang der Europäischen Idee, tragen wir Europäer eine Mitschuld an Nationalismus und Hass für Generationen.
Das gilt für mich auch in der Frage Irak. Ärzte statt Soldaten, Essen und Medikamente statt Waffen sowie sicheres Asyl und keine Abschottungspolitik – das ist es, was die gepeinigten und geschundenen Menschen in den Krisen- und Kriegsgebieten jetzt von Deutschland brauchen.

Ich schließe mich den Apellen der weltweiten Friedensbewegung an: Wirtschaftliche Sanktionen, einseitige Parteinahme, Waffenlieferungen und mediale Schuldzuweisungen sind völlig ungeeignet, das Klima für notwendige Gespräche zu schaffen.

Stattdessen sind unverzichtbare erste Schritte: Ein sofortiger unbefristeter Waffenstillstand in der Ukraine und in Gaza muss dauerhaft Bestand haben! Zurück an die Verhandlungstische: Gespräche über gemeinsame Sicherheit statt Konfrontation! Politik und Medien müssen deeskalierend wirken und Feindbilder abbauen!

Liebe Freundinnen und Freunde,
Rüstung tötet, auch im Frieden. Dieses schon etwas betagte Motto der Friedensbewegung gilt nach wie vor.

Die Exporte von Waffen und ihre unkontrollierte Weitergabe tragen weltweit dazu bei, dass Menschenrechte verletzt werden. Sie halten eine Todesspirale in Gang. Statt die dunklen Kanäle zu verstopfen, aus denen Terroristen wie der „Islamische Staat“ ihre Waffen beziehen, wird ihr Terror wiederum mit Waffen bekämpft.

Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden. Mindestanforderung ist, dass die deutschen Rüstungsexportgesetze endlich eine verbindliche Menschenrechtsklausel erhalten. Und dass das Parlament endlich bei Entscheidungen über Waffenexporte einbezogen wird.

Wir dürfen uns dabei die Anmaßung der US-amerikanischen Politik nicht zu eigen machen, die Welt in Falsch und Richtig, in Gut und Böse einzuteilen. Nicht in ideologischer, nicht in religiöser, nicht in wirtschaftlicher und auch nicht in militärischer Hinsicht.

Deutsche Außenpolitik muss von den Zielen Abrüstung, zivile Hilfen und fairer Handel geprägt sein, nicht von militärischen Interventionen. Im Vordergrund muss das Bemühen stehen, allen Menschen ein Leben ohne Not zu sichern, ihnen Sicherheit vor Armut, Krankheit, Ausgrenzung und Verletzung ihrer Menschenrechte zu geben.
Eine Politik der Abrüstung und Konfliktprävention, der sozialen Gerechtigkeit und der internationalen Solidarität, die wir wollen, muss statt in militärische Aufrüstung in sozial-, bildungs- und arbeitsmarktpolitische Aufgaben investieren.

Nur so kommen wir dem Frieden näher. Denn nur wer nicht hungert, wer nicht friert, wer gut ausgebildet ist und durch Arbeit seine Existenz sichern kann, ist gegen Ausbeutung, Extremismus und Fanatismus gefeit.

Soziale Gerechtigkeit ist die beste Waffe im Kampf gegen eine der wesentlichen Ursachen für Terror und kriegerische Auseinandersetzungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Freundinnen und Freunde,
auch der Nahostkonflikt bekommt immer neue Nahrung durch soziales Unrecht. Schon mit der Besatzung und Abriegelung des Gazastreifens hat Israel nicht nur für einen systematisch herbeigeführten Mangel an Nahrungsmitteln, Brennstoffen und anderen lebensnotwendigen Gütern gesorgt, sondern auch dafür, dass Hass und Gewaltbereitschaft unter den Palästinensern zumindest aufrechterhalten geblieben sind. Und wenn dieser Hass in Aktionen gegen Israel umschlägt, hat dies bei Israelis die gleiche Wirkung, dann dreht sich auch dort die Spirale aus Hass und Gewalt nach oben.

Bei aller besonderen Verantwortung, die Deutschland wegen der furchtbaren Verbrechen an Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus gegenüber Israel hat, darf diese nicht eine einseitige Parteinahme für Israel bedeuten. Eine solche einseitige Parteinahme wird nicht zu einer Lösung des Konflikts beitragen.
Im Gegenteil. Unsere Verantwortung schließt gleichermaßen das Bemühen um einen palästinensischen Staat wie auch die Garantie des Existenzrechts Israels ein. Und sie schließt ein, dass wir Terroranschläge ebenso verurteilen wie Krieg, Besatzung oder Verstöße gegen das internationale Völker- und Menschenrecht.

„Die Waffen nieder!“ – Das rufen wir den Extremisten auf beiden Seiten zu.
Sie müssen endlich erkennen: Mit militärischen Mitteln gibt es keine Lösung dieses Konflikts, sondern nur weitere Verschärfung. Schon droht Israel mit einer Ausweitung des Krieges auf Syrien und den Libanon. Und der Hamas werden immer neue Köpfe nachwachsen, je mehr Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht werden.

Die internationale Politik muss Wege ebnen für ernsthafte und aufrichtige Verhandlungen zwischen allen Beteiligten über eine Zwei-Staaten-Lösung. Dafür müssen auch in Gaza erst einmal die Waffen schweigen! Und ich schließe mich ausdrücklich dem ehemaligen deutschen Botschafter in Israel, Rudolf Dressler an, der einen sofortigen Stopp von Waffenexporten nach Israel gefordert hat.

Die geltenden Rüstungsexportrichtlinien verbieten Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete. Und es ist in diesem Zusammenhang auch mehr als zynisch, wenn künftig 250 deutsche Soldaten von den Israelis im „Häuser- und Tunnelkampf“ ausgebildet werden sollen, damit die Bundeswehr sich auch in anderen „asymmetrischen“ Kriegen der Zukunft bewähren kann. Das ist kein Beitrag zur Beendigung des Konflikts und zur Lösung der Probleme. Das ist vielmehr ein Teil des Problems.

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
in Kriegen gibt es immer auch wirtschaftliche Profiteure. Das dürfen wir gerade hier auf dem Friedhof Jammertal nicht vergessen. Hier sind Menschen begraben, die durch die schlimmste Form der Ausbeutung – durch Zwangsarbeit ohne Lohn, ohne ausreichend Essen und Trinken, eingepfercht in KZ’s – in den Rüstungsbetrieben des damaligen Hermann-Göring-Werks in Salzgitter in den Tod getrieben wurden.

Hier liegen Opfer der perversen Kombination aus menschenverachtender NS-Ideologie und wirtschaftlicher Ausbeutung begraben. Hier ruhen Menschen, die uns nicht ruhen lassen dürfen. Wir müssen die Erinnerung daran wach halten, was Menschen anderen Menschen mit Verfolgung und Ausbeutung angetan haben.
Ich danke deshalb an dieser Stelle ganz herzlich allen, insbesondere unseren Betriebsräten und Vertrauensleuten der Stahlwerke Peine-Salzgitter sowie dem Arbeitskreis Stadtgeschichte.

Sie haben es mit ihrem Einsatz geschafft, aus dem ehemaligen KZ Drütte auf dem Werksgelände der früheren „Reichswerke Hermann Göring“ eine Gedenkstätte zu machen.

Damit halten wir – haltet ihr hier vor Ort – die Erinnerung daran wach, dass Kriege keine Naturkatastrophe sind, sondern von Menschen gemacht werden. Deutschland stand 2013 wie schon in den Vorjahren an dritter Stelle der Rüstungsexportländer. Nach den USA und Russland. Das ist für uns kein Spitzenplatz, auf den wir stolz sein können, liebe Freundinnen und Freunde! Wir wollen nicht, dass das so weitergeht.

Denn ein Bruchteil der 1,7 Billionen Dollar, die weltweit für Rüstung ausgegeben werden, würde ausreichen, die wichtigsten Milleniumsziele der Vereinten Nationen zu erreichen: Die Halbierung der Armut, die Versorgung aller Menschen mit sauberem Wasser, mit Gesundheitsdiensten und mit Bildung.

Dahinter steckt ein System der Umverteilung von unten nach oben, von arm zu reich. Das gibt es nicht nur im weltweiten Kontext. Auch in Deutschland verläuft über 20 Jahre nach dem Mauerfall die Grenze nicht mehr an der Elbe, sondern zunehmend zwischen oben und unten, liebe Freundinnen und Freunde!

Das müssen wir ändern. Dieses System müssen wir durchbrechen. Das sage ich als Gewerkschafter. Das sage ich aber auch als Friedensfreund. Denn diese Ungerechtigkeit in der Welt ist eine Hauptursache für kriegerische Auseinandersetzungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich weiß: Beschäftigte in den Rüstungsbetrieben, viele von ihnen Mitglieder der IG Metall, fürchten sinkende Rüstungsausgaben und -aufträge.

Nicht weil sie Krieg wollen. Sie haben schlicht Angst um ihre Arbeitsplätze und Einkommen, mit denen sie sich und ihre Familien über Wasser halten.

Wir brauchen die Umstellung von militärischer auf zivile Produktion. So wie es das berühmte Denkmal vor dem Hauptgebäude der Vereinten Nationen in New York symbolisiert: Schwerter zu Pflugscharen!

Die aktuelle Debatte um Rüstungsexporte hat ja auch ihre gute Seite, finde ich: Seit langem wird mal wieder breit und öffentlich über Alternativen diskutiert!

Es hat ja Initiativen der IG Metall und von betrieblichen Kolleginnen und Kollegen aus Rüstungsbetrieben gegeben, von militärischer auf zivile Produktion umzuschalten. Es gibt sie immer noch. Und sie können Erfolge vorweisen.

Zum Beispiel unsere Kollegen aus dem militärischen Schiffbau. Sie haben früh erkannt, dass sie ihr Know-how auch dafür nutzen können, auf dem Meer Windkrafträder zu bauen. Das ist, wie wir wissen, mittlerweile ein Zukunftsprojekt im Rahmen der Energiewende.

Aber solange die Politik die Scheunentore für den Rüstungsexport weit offen lässt und die Rüstungskonzerne bombig verdienen, haben solche Initiativen wenige Chancen. Rüstungsexporte machen weniger als ein Prozent aller auf dem Weltmarkt verkauften Güter aus Deutschland aus.

Rund 100.000 Menschen arbeiten in Betrieben der Rüstungsindustrie. Allein die Windkraft beschäftigt mehr Menschen (118.000).

Da sollten wir keine Angst vor Umstrukturierung haben. Da haben wir schon viel härtere Brocken bewegt. Und wir wissen auch, dass das ein langer Weg ist, den wir da gehen.

Im Übrigen behaupte ich: Auch die Metallerinnen und Metaller, die heute noch Waffen oder anderes militärisches Gerät bauen, würden lieber heute als morgen zivile Güter herstellen. Und für die übergroße Mehrheit der hoch qualifizierten Fachleute, Ingenieure, Maschinenbauer oder Computerspezialisten, die in dieser Branche arbeiten, gibt es in der zivilen Wirtschaft einen unmittelbar hohen Bedarf.

Die Rüstungsindustrie wäre also gut beraten, sich schon jetzt ein zweites Standbein aufzubauen. Schwerter zu Pflugscharen – der notwendige Umbau der Produktion findet sonst ohne die Betriebe der Rüstungsindustrie statt.

Ich sage aber auch: Dieser Weg hin zu Konversion und zu zivilen statt militärischen Gütern kann nur mit den Beschäftigten, nicht gegen sie entwickelt werden. Dazu gehört zu allererst: Die Politik muss Rüstungsexporten enge Grenzen setzen. Deshalb begrüße ich ausdrücklich die Initiativen unseres Wirtschaftsministers Gabriel und seine Bereitschaft zum industriepolitischen Dialog mit den Arbeitnehmervertretern. Diesen Dialog haben übrigens wir mit unseren Betriebsräten ins Rollen gebracht. Und das ist auch gut so.

Ich fordere die Bundesregierung auf, die undurchsichtige Genehmigungspraxis ihrer Vorgänger für Rüstungsexporte transparenter zu machen. Ich fordere sie weiter auf, das Parlament endlich bei Entscheidungen über Waffenexporte einzubeziehen statt in Geheimgremien entscheiden zu lassen.

Das gilt nicht nur für die aktuelle Entscheidung in Sachen Irak, in der die Bundesregierung zunächst versucht hat, am Parlament vorbei eine völlige Kehrtwende in der bisherigen Außenpolitik zu inszenieren und durchzusetzen.

Es ist für mich als Gewerkschafter beschämend, dass die heutige Debatte und Abstimmung im Bundestag nur noch symbolischen Charakter hatte. Die Entscheidung war schon gefallen, bevor überhaupt nur in Erwägung gezogen wurde, den Bundestag mit einzubeziehen.

Symbolträchtig ist für mich auch, dass der Umfang der humanitären Hilfe mit Gütern im Wert von 50 Millionen Euro deutlich geringer ausfällt als die Beschaffung der nun beschlossenen Waffensysteme. Und: Die große Gemeinsamkeit über die Parteigrenzen hinweg darf nicht vergessen machen, dass auch nach jüngsten Umfragen eine große Mehrheit der Deutschen gegen ein militärisches Engagement in Form von Waffenlieferungen in dieses oder ein anderes Kriegsgebiet ist.

Es geht also nicht nur um Transparenz.

Wir bleiben dabei und lehnen gerade hier und heute die militärische Logik ab, die uns vor 100 und vor 75 Jahren in zwei Weltenbrände geführt hat.

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich bin überzeugt: Wir können die Probleme, die es auf unserer Erde gibt, nur zivil lösen. Dafür müssen wir das Militärische stoppen, und zwar überall! In den Köpfen, in den Medien und in der Politik.

Deshalb sagen wir im Gedenken an die hier ruhenden Toten und in Verantwortung für eine friedlichere Zukunft:
„Die Waffen nieder – und Schwerter zu Pflugscharen!“