Abrüstung braucht Rüstungskonversion

von Anne Rieger – Mitglied des Sprecherkreises im Bundesausschuss Friedensratschlag (6.1.2014)

Anträge zur Rüstungskonversion an Gewerkschaftskongresse notwendig

Die Delegiertenversammlung der IG Metall Stuttgart beschloss mit sehr großer Mehrheit am 20. September 2014 eine Resolution zur Rüstungskonversion. In ihr heißt es u.a.:

„Wir verurteilen Rüstungsproduktion und Rüstungsexporte und fordern: Keine Finanzierung von Rüstungsexporten mit Steuergeldern! Langfristig wäre wünschenswert, Rüstungsproduktion und Rüstungsexporte ganz abzuschaffen. Rüstungsproduktion ist menschenverachtend sowie eine ungeheure unnütze Verschwendung von Ressourcen. Angesichts der heutigen Situation (Kriege, Klimawandel, Rohstoffknappheit…) kann sich dies die Menschheit nicht leisten.

Arbeitsplatzverluste in der Rüstungsindustrie sind durch Wandlung in Arbeitsplätze zur Herstellung ziviler, gesellschaftlich notwendiger, Produkte zu kompensieren. Rüstungsarbeitsplätze erfordern Investitionen in teure Technologie. Für dieses Geld können in anderen Bereichen (Bildung, Gesundheit…) mehr und gesellschaftlich sinnvolle Arbeitsplätze geschaffen werden.
Bei den Rüstungsarbeitsplätzen handelt es sich zu einem großen Teil um hochqualifizierte anspruchsvolle Arbeitsplätze. Da die meiste Rüstung in Mischkonzernen produziert wird, ist die Konversion auch umsetzbar. Wo es trotzdem zu Beschäftigungsproblemen kommen sollte, ist die Konversion staatlich unterstützt zu begleiten. Gegebenenfalls können auch über Arbeitszeitverkürzungen Beschäftigungsprobleme aufgefangen werden.“

Ähnliche Resolutionen wurden von den Delegiertenversammlungen der IGM Esslingen, Hamm-Lippstadt oder Offenbach beschlossen. Die Debatte über Alternativen zur Rüstungsproduktion bekommt in den Gewerkschaften Rückenwind: Im Aufruf zum Antikriegstag 2013, auf der DGB Konferenz Baden-Württemberg und im IG Metall Seminar „Konversion“ wurde 2014 Konversion statt Rüstungsproduktion gefordert. Ebenso sprachen sich der IG Metall Bezirksleiter von Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger, der Bevollmächtigte der IGM Freiburg, Hermann Spieß, Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, für Rüstunskonversion aus.

Letzterer erklärte am Antikriegstag 2014 während einer Rede in Salzgitter:

„Auch die Metallerinnen und Metaller, die heute noch Waffen oder anderes militärisches Gerät bauen, würden lieber heute als morgen zivile Güter herstellen. Und für die übergroße Mehrheit der hoch qualifizierten Fachleute, Ingenieure, Maschinenbauer oder Computerspezialisten, die in dieser Branche arbeiten, gibt es in der zivilen Wirtschaft einen unmittelbar hohen Bedarf.“

Er setzte damit einen Kontrapunkt zum geschäftsführenden Vorstandsmitglied Jürgen Kerner, der im Juni u.a. „Planungssicherheit insbesondere bei militärischen Aufträgen und zügige Entwicklung der militärischen Luftfahrtstrategie unter Einbeziehung von Gewerkschaft und Betriebsräten“ forderte. Während der Branchentagung „airconnect“ der IG Metall im Juni kam in seinem Vortrag das Wort Konversion nicht vor.

Das darf nicht so bleiben. Um die Debatte über Rüstungskonversion in den Gewerkschaften und in der Öffentlichkeit weiter zu beleben, bieten sich auch die Bundeskongresse der beiden Gewerkschaften IG Metall und ver.di im Herbst 2015 an. Der Abschnitt „Für eine aktive Friedenspolitik“ im jetzt veröffentlichten Debattenpapier der IG Metall zu ihrem Gewerkschaftstag eignet sich, um mit Anträgen einen eigenen konkreten Beitrag der IG Metall zur Rüstungskonversion zu fordern. Betriebliche oder bezirkliche Arbeitskreise, eine stärkere Zusammenarbeit mit der Friedensbewegung, deren Konversionsarbeitskreis, ein Rüstungskonversionsprogramm oder gar eine Kampagne für Konversion wären eine Konkretisierung.

53 Militärtransporter A400M à 175 Millionen, das sind 9 Mrd. Euro unserer Steuergelder, verschwendet die Bundesregierung. Sie gehen direkt an die Airbus Group. Trotzdem sollen Arbeitsplätze abgebaut werden. Das empörende ist nicht, dass das Transportmonster vier Jahre zu spät geliefert wurde, dass es die volle Einsatzfähigkeit noch nicht hat, wie die Medien ohne Unterlass beklagen, sondern dass es Panzer und Hubschrauber 4.450 km „verlegen“ kann. Deutsche Waffen in dieser Entfernung haben mit „Verteidigung“ gar nichts zu tun. Sie werden dort als Angriffswaffen benutzt. Der Militärtransporter ist also ein Angriffsflugzeug. Wollen wir weiter zuschauen?

Anträge an die Gewerkschaftstage von IG Metall und ver.di müssen im Frühjahr 2015 gestellt werden, um in die Antragsvorbereitungen eingehen zu können. Die Zeit drängt – damit von der Rüstungsindustrie der rüstungswirtschaftliche Status quo nicht zementiert werden kann. Dies kann nur mit einer klaren Positionierung der Gewerkschaften gelingen. Es ist damit auch ein wesentlicher Beitrag zur Abrüstung.