Tod eines jungen Rüstungsarbeiters und Widerstandskämpfers

Ein Auszug aus einem Referat von Ulli Sander, das das Schicksal eines jungen
Widerstandskämpfers, der in der Rüstungsindustrie gegen den Krieg arbeitete,
und seines Vaters schildert.

Das Hinrichtungsprotokoll im Fall Hübener vom 27. 10. 42 besagt nichts
darüber, was noch an jenem Tag in Plötzensee geschah. Das war dies: Kurze
Zeit hintereinander wurden nach Hübener der Schriftmaler Rudolf Richter (22
Jahre) und sein Vater, der Arbeiter Gustav Richter (42 Jahre) ermordet. Der
Volksgerichtshof hatte am 21. August 1942 die Todesurteile über Rudolf und
Gustav Richter gesprochen. In der Begründung heißt es: „Der Angeklagte
Rudolf Richter hat als Dienstverpflichteter in einem Rüstungsbetrieb seine
Arbeitskameraden angereizt, durch Verminderung der Rüstungserzeugung zur
Beendigung des Krieges beizutragen. Auch hat er marxistische Bücher und
zersetzende Aufzeichnungen verbreitet […]“ Dem kommunistischen Arbeiter
Gustav Richter warf die Anklage vor, dass er seinen Sohn nicht „anders
erzogen“ und ihn in seinem Widerstand bestärkt habe.
Jüngere Arbeitskollegen versuchte Rudolf Richter zum „Langsamarbeiten zu
gewinnen, um so die Produktion der Flugzeuge zu verzögern,“ berichtet
Karl-Heinz Jahnke. Jahnke schrieb über Rudolf Richter: „Als Folge der
Rüstungspolitik des Hitlerregimes musste er in der Flugzeugindustrie,
zunächst in den Junkerswerken in Dessau und später bei den Vereinigten
Motorenwerken in Leipzig arbeiten. Wie seine Eltern lehnte er den NS-Staat
ab und bemühte sich, Widerstand zu organisieren.
Durch die Verbreitung von verbotenen Gedichten, u.a. von Kurt Tucholsky und
Alfred Polgar, trug er zur Stärkung des Widerstandsgeistes bei. Im Frühjahr
1941 bekam der 20jährige den Gestellungsbefehl zur Wehrmacht. Er schrieb
darauf an einen Freund und äußerte offen seine Ablehnung. In dem Brief heißt
es: „Überlege, ich soll in absehbarerer Zeit das Mörderkleid einer
militärischen Macht tragen, welche zu den am rationellsten arbeitenden der
ganzen Welt gehört.“ Am 31. Oktober 1941 ist Rudolf Richter festgenommen
worden und fünf Tage später sein Vater.

Ebenfalls 17jährig wie Helmuth Hübener wurde 1941 der französische junge
Kommunist und antifaschistische Widerstandskämpfer Guy Móquet von den
deutschen Faschisten hingerichtet. In seinem Abschiedsbrief hat er etwas
geschrieben, was auch von Helmuth Hübener stammen könnte. „17 ˝ Jahre, mein
Leben ist kurz gewesen, aber ich bereue nichts, außer, dass ich Euch
verlassen muß,“ heißt es darin. Der damalige Präsident Nicolai Sarkozy hat,
nachdem ihm eine Schülerin diesen Brief vorgelesen hat, angeordnet, dass der
Brief des jungen Kommunisten Guy Móquet jedes Jahr in allen Schulen vor
Schulbeginn vorgelesen wird. Etwas Vergleichbares hat es in unserem Land
nicht gegeben. Dabei würden sich die Texte von Helmuth Hübener sehr dafür
eignen.