Rede von Michael Leppek am 22.10.2015

Rede (Auszug) von Michael Leppek, Bevollmächtigter IGM Augsburg am 22.10.2015 auf dem 23. Gewerkschaftstags der IG Metall (18.-24.10.2015) zum Antrag „Beschäftigungssicherheit in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland“ [pdf, Seite 101ff]

Sich um die Wehrtechnik – um die Rüstungsindustrie, wie es ja auch genannt wird – Gedanken zu machen, ist nicht einfach, gerade für uns als IG Metall. Dennoch finde ich es richtig und gut, dass die ABK den Weg gewählt hat, diese beiden Anträge – den vorherigen und diesen – zu nehmen. Denn wir müssen zwei Sachen schaffen:

Das eine ist das Thema Friedenspolitik, was ja auch einer meiner Vorredner gesagt hat; Stichwort: einen Teil der Friedensbewegung abbilden. Gleichzeitig müssen wir aber auch mit Blick in die Satzung – Paragraf 1, Paragraf 2 – schauen: Wir sind eine Gewerkschaft, und wir vertreten die Interessen unserer Mitglieder. Die Kolleginnen und Kollegen der wehrtechnischen und der sicherheitstechnischen Industrie sind auch Mitglieder der IG Metall.

Kolleginnen und Kollegen, wir sind der Meinung, wir dürfen uns bei diesem schwierigen Thema nicht wegducken. Wir müssen uns der Herausforderung stellen: nüchtern und sachlich, ohne emotionale Aufregung. Wir müssen auch darüber reden, dass wir Beschäftigte und auch sehr viele Mitglieder in diesem Bereich haben.

Wir haben in Augsburg einige Unternehmen, die unter anderem auch in der wehrtechnischen und sicherheitstechnischen Industrie sind. Wir haben Airbus Helicopters in Donauwörth. Eurocopter kennt jeder; die machen Rettungshubschrauber, aber auch militärische Produkte. Manchmal kann man den einen für etwas „Gutes“ – in Anführungsstrichen – benutzen, und manchmal eben auch für etwas anderes, wobei man die Frage: „Was ist gut und was schlecht?“ auch einmal in Ruhe diskutieren muss. UN-Friedensmissionen sind genannt worden. Das Thema Bundeswehr hatten wir eben auch. Ich glaube, darüber müssen wir uns auch klar werden: Es ist nicht alles Schwarz und Weiß, worüber wir reden.

Wir haben auch andere Betriebe wie Premium Aerotec. Das war noch vor einigen Jahrzehnten ein rein militärischer Betrieb. Es ist jetzt ein Betrieb mit über 80 Prozent zivilem Anteil an Airbus-Produkten; das muss man auch sehen. Ein anderes Beispiel ist Renk. Die machen Getriebe für Militärfahrzeuge, inzwischen aber auch für Windenergie und auch für das Thema Prüfstände für Automobil.

Wichtig ist mir dabei, Kolleginnen und Kollegen – deswegen habe ich mich zu Wort gemeldet –: Das sind eben alles Betriebe, die gut, sehr gut organisiert sind, die bei jeder Tarifrunde, bei jeder Aktion – wie kürzlich zum Thema Werkverträge – draußen gewesen sind. Das sind unsere Kolleginnen und Kollegen, um die wir uns in der Geschäftsstelle in der IG Metall Augsburg kümmern.

Insgesamt – darauf will ich noch hinweisen – haben wir etwa 80.000 Beschäftigte in der wehrtechnischen Industrie in Deutschland. Wenn wir auch die mittelbaren Beschäftigten dazunehmen – Zulieferer, die übrigens auch Automobilzulieferer sein können –, dann sind wir glatt bei 200.000 Kolleginnen und Kollegen. Nicht alle sind leider Mitglieder; aber da arbeiten wir dran.

Wichtig ist auch für uns: Natürlich unterliegt diese Industrie Beschränkungen, und zwar politischen Beschränkungen. An der Stelle ist auch ganz klar: Es gibt seit 25 Jahren einen Strukturwandel. Er ist politisch motiviert. Er ist gewollt. Das hat leider oftmals sehr wenig mit Konversion zu tun; das muss man leider auch so sagen. Da ist man wesentlich weniger weit, als man sich das einmal vorgestellt hat. Eigentlich hat vieles davon nicht geklappt.

Deswegen hat die Politik auch eine große, große Verantwortung. Wir dürfen nicht einfach zusehen, wie die Politik bestimmte Beschränkungen macht, bestimmte Vorgaben macht – wie beim Thema Unternehmenskooperation oder Fusionen –, und dann zuschauen, wie unsere Kolleginnen und Kollegen im Regen stehen. Deswegen heißt es nicht: „Wir wollen mehr“ oder irgend so etwas. Nein, wir stehen für Frieden und Abrüstung. Wir wollen aber die Politik in die Pflicht nehmen, hier zu handeln, hier zu gestalten, damit die Arbeitsplätze und die Arbeitsbedingungen auch weiter bestehen bleiben.

Wir wollen mit diesem Antrag, dass die Branchenarbeit fortgesetzt wird. An der Stelle vielen Dank an Detlef Wetzel, Jörg Hofmann und vor allen Dingen Jürgen Kerner, der ja auch dieses Thema – neben anderen Themen – angetrieben hat, weil unsere Kolleginnen und Kollegen in der wehrtechnischen Industrie noch mehr als bisher die IG Metall als ihre Heimat betrachten. Das ist etwas ganz Wichtiges. Wir sind sehr gut organisiert in diesem Bereich. Deswegen wollen wir auch, dass das fortgesetzt wird.

Erste Erfolge haben wir. Die Politik hat gesagt, sie wird einen Fonds einrichten. Sie wird Geld geben für sogenannte Diversifikationsprojekte. Das ist nicht die reine Konversion. Das ist aber auch mehr. Das heißt also wirklich, mehr Hineingehen in neue Themen, in zivile Themen. Da wollen wir das Ganze als IG Metall mitgestalten.

Lasst es mich noch einmal klar sagen: Die IG Metall unterstützt ganz klar eine weltweite Abrüstung und eine Waffenhandelskontrolle. Die IG Metall will eine restriktivere Genehmigungspraxis von Waffenexporten durch die Bundesregierung, abgestimmt mit den europäischen Partnern, und es geht uns darum, auch eine Endverbleibkontrolle auf die politische Agenda zu setzen. Das ist und bleibt unsere gemeinsame Anschauung, auch die der Kolleginnen und Kollegen in der wehrtechnischen Industrie.

Wichtig ist auch: Die IG Metall hat die Branchenarbeit schon ein gutes Stück vorangebracht. Wir wollen da auch weitermachen. Wir wollen das Ganze weiter tun. Insofern unterstützen wir den Beschluss des Vorstands vom Oktober, hier zu einer neuen Initiative zu Konversion und zu Diversifikation zu kommen. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Schritt, um unsere Kolleginnen und Kollegen in der Industrie mitzunehmen.

Ich würde mir wünschen, nach Hause zu unseren vielen Tausend Mitgliedern, auch in dieser Branche, gehen und sagen zu können: Wir stehen für Frieden und Abrüstung. Aber wir machen diesen ganzen Wandel nicht über den Kopf der Beschäftigten in der wehrtechnischen Industrie hinweg, sondern zusammen mit ihnen. Es ist Eure Heimat, genauso wie die Heimat aller Mitglieder der IG Metall, und das wollen wir gemeinsam probieren.

Insoweit, liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte ich um Zustimmung, um Annahme des Antrages in der geänderten Fassung.